Im Zuge der Novellierung des Schornsteinfegerhandwerks und der Bundesimmissionschutzverordnung hat sich die Stellung des Bezirksschornsteinfegers grundlegend geändert.
Heute ist er nicht mehr nur Kontrollorgan für Feuerstätten sondern auch Dienstleister am Kun-den. Das Versäumnis der Trennung zwischen den „Kundenschichten“ ist nicht unproblematisch und sorgt in der Praxis für viele Verwerfungen. Auf zwei wesentliche Punkte gehen wir in diesem Artikel ein.
Die allgemeinen Aufgaben des Schornsteinfegers
Der Schornsteinfeger gilt im Volksmund als Glücksbringer. Wer einen Schornsteinfeger berührt, dem wird im neuen Jahr Glück zuteil. Dieser volkstümliche Glaube war bereits im Mittelalter verbreitet, denn die Aufgabe des Schornsteinfegers lag damals schon im Schutz vor Bränden. In dieser Zeit entstanden die ersten Brandverordnungen in Städten aufgrund verheerender Stadtbrände. Ein Schornsteinfeger galt als Segen. Im Laufe der Zeit hat sich die grundlegende Bedeutung des Schornsteinfegers für die Gemeinde kaum geändert. Natürlich sind Aufgaben hinzugekommen; der Brandschutz steht jedoch nach wie vor im Vordergrund. Da der Brandschutz zu den Pflichtaufgaben einer Kommune gehört, ist diese auch zuständig für die Bestellung des ihr unterstehenden Bezirksschornsteinfegers.
In Zeiten der Energiewende rückt der Schornsteinfeger auch als Sicherheits-, Umwelt- und Energieexperte in den Fokus. Die Stellung des Schornsteinfegers ist jedoch nicht unumstritten. Zum einen stehen Sicherheit und Gemeinwohl im Vordergrund, die diesen Beruf unabdingbar machen, zum anderen kann gerade diese unanfechtbare Stellung ein Nachteil sein. Mit der Lockerung des „Kehrmonopols“ zum 1. Januar 2013 durch das Gesetz zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens kommt der Wettbewerb hinzu, der sich wiederum der hoheitlichen Tätigkeit des Bezirksschornsteinfegers entgegenstellen kann. Die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben trifft nicht selten auf unternehmerisches Denken und Handeln – Diskrepanz vorprogrammiert!
Die Aufgaben des (Bezirks-)Schornsteinfegers sind heute bundeseinheitlich geregelt, u. a. im Schornsteinfegerhandwerksgesetz (SchfHwG). Schornsteinfeger sind für die regelmäßige Reinigung der Schornsteine zuständig. Der Schornstein muss frei von Laub und Vogel- oder Wespennestern sein und darf keine altersbedingten Schäden aufweisen, so dass die Abgase, die bei der Verbrennung im Kaminofen oder in anderen Heizungsanlagen entstehen, abziehen können. Wird dieser Abzug gehindert, bildet sich ein Stau und die giftigen Abgase gelangen in das Haus. Auch Rußrückstände können sich im Schornstein bilden. Werden die Schornsteininnenwände stark erhitzt, kann sich der Ruß entzünden – es kommt zum sogenannten Rußbrand. Die Reinigung des Schornsteins durch den Schornsteinfeger beugt beiden Gefahren vor.
Eine weitere Aufgabe des Schornsteinfegers besteht in der Abgasmessung der Heizanlage bzw. Feuerstätte, welche u. a. die Bestimmung des Kohlenmonoxid-Gehalts der Abgase beinhaltet. Bereits bei einem Kohlenmonoxid-Gehalt von 1000 ppm besteht eine Gesundheitsgefährdung, zumal das Gas geruchlos ist und nicht bemerkt wird. Ein Kamin kann schnell zur lebensbedrohlichen Gefahr werden. Neben dem Kohlenmonoxid-Gehalt werden zusätzlich der Abgasverlust der Heizungsanlage sowie, im Fall von Ölheizungen, die Rußzahl gemessen, beide auf Grundlage der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG).
Einen Schwerpunkt der Arbeit eines Schornsteinfegers bildet außerdem die Feuerstättenschau in Verbindung mit dem Feuerstättenbescheid, die nach neuem Gesetz aller 3 ½ Jahre durch den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger durchgeführt werden muss. Die Feuerstätten-schau ist in Deutschland bundeseinheitlich in der Kehr- und Überprüfungsordnung (KÜO) geregelt. Diese gesetzliche Regelung sieht eine regelmäßige Durchführung vor. Der Schornsteinfeger überprüft hierbei die Feuerstätte nach eventuellen Mängeln an Ofenrohren und Abgasanlagen, die Verbrennungsluftversorgung sowie Brandschutzabstände. Im Anschluss an die Feuerstättenschau wird gemäß § 14 des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes ein entsprechender gebührenpflichtiger Feuerstättenbescheid erlassen.
Beim Bau einer neuen Feuerstätte bzw. Änderung einer alten ist es außerdem die Aufgabe des Schornsteinfegers, die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen z. B. zur Betriebssicherheit sowie die der Bauvorschriften zu überprüfen und gegebenenfalls zu monieren. Entscheiden sich Heimbesitzer z. B. für einen neuen Kamin bzw. soll der alte Ofen verändert werden, sind sie gesetzlich dazu verpflichtet, den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger hinzuzuziehen. Dieser kann bei Mängeln am Ofen auch dessen Stilllegung anordnen.
Das Ende des „Kehrmonopols“ – Die Einschränkung hoheitlicher Aufgaben und der Wettbewerb
Zum 1. Januar 2013 wurde aufgrund von EU-Vorgaben das sogenannte „Kehrmonopol“ der Schornsteinfeger durch den Gesetzgeber gelockert. Zuvor waren die durch die Gemeinde auf Lebenszeit bestellten Bezirksschornsteinfeger allein für alle Aufgaben – Reinigung, Messung und Feuerstättenschau – zuständig. Diese Aufgaben waren allesamt hoheitlich. In einem Kehrbezirk gab es demnach auch nur einen bestellten Bezirksschornsteinfeger, der wiederum andere Schornsteinfeger anstellen konnte. Die hoheitliche Tätigkeit des Bezirksschornsteinfegers ist auf dessen Bestellung durch die Gemeinde zurückzuführen. Der Bezirksschornsteinfeger übernimmt demnach Aufgaben für die öffentliche Gemeinschaft, die gesetzlich bestimmt sind und für die er die rechtliche Ermächtigung besitzt. Jedes Bundesland verfügte zudem über ein eigenes Schornsteinfegergesetz.
Mit der Einführung des Gesetzes zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens wurden die alten Gesetze und Verordnungen der Länder zum Schornsteinfegerwesen abgelöst – der hoheitliche Bereich wurde eingeschränkt und besonders die Reinigungs- bzw. Fegearbeiten wurden für den Wettbewerb geöffnet. Zudem erfolgte die Aufhebung des Nebentätigkeitsverbots für Schornsteinfeger. Das Schornsteinfegerhandwerksgesetz, ein wesentlicher Teil des Ge-setzes zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens (Artikel 1), setzt die Amtszeit des Be-zirksschornsteinfegers auf sieben Jahre fest. Nach Ablauf dieser Zeit ist eine neue Bewerbung für den jeweiligen Kehrbezirk notwendig.
Die Änderungen bezüglich der hoheitlichen Tätigkeiten des Bezirksschornsteinfegers, der nun nicht mehr zwingend für alle Aufgaben zuständig ist, sind gravierend. Die Aufgaben des Keh-rens bzw. Reinigens sowie die Abgasmessungen können fortan auch von anderen, vom Hausbesitzer selbst gewählten Schornsteinfegern verübt werden. Der zuständige Bezirksschornsteinfeger, nun als „bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger“ bezeichnet, ist weiterhin gesetzlich zuständig für die verbleibenden hoheitlichen Aufgaben: Feuerstättenschau, Überprüfung von neuen oder veränderten Feuerstätten, Bauabnahme sowie Führen des Kehrbuchs und Durchführung von Ersatzvornahmen, sollten Eigentümer ihren Reinigungs-, Mess- und Über-prüfungspflichten nicht nachkommen. Hierbei darf jedoch ein hoheitlich tätiger Schornsteinfeger nicht parallel gewerblich tätig werden (§ 12 Schornsteinfegergesetz). Für diese zuletzt ge-nannten Aufgaben ist kein Wettbewerb zulässig; es gilt die festgesetzte Gebührenordnung.
Die 1. Bundesimmissionsschutzverordnung – Der Umwelt zuliebe
Die 1. Bundesimmissionsschutzverordnung (1. BImSchV) zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) gilt für kleine und mittlere Feuerungsanlagen wie Kaminöfen, Kachelöfen und Herde. Die Verordnung beinhaltet Anforderungen an die Brennstoffe und zielt auf die Verringerung von Feinstaub durch die Festsetzung von Grenzwerten für den Schadstoffausstoß. Sie regelt ferner die Überwachung von bestehenden Anlagen sowie deren Sanierungsauflagen bzw. bestimmt den stufenweisen Austausch alter Feuerstätten (Typenprüfung bis 21. März 2010) bis ins Jahr 2024 (vgl. auch Beitrag „Gesetze gegen Feinstaub vom 27.11.2015). Nach Berechnungen des Industrieverbandes Haus-, Heiz- und Küchentechnik e. V. (HKI) in dem fast alle Hersteller engagiert sind, müssen bis 2014 von den rund 12,7 Mio. vorhandenen Feuerstätten in Deutschland ca. 4,2 Mio. getauscht, nachgerüstet oder stillgelegt werden. Bis zum Ablauf des Jahres 2015 betrifft das gemäß Übergangsvorschriften ca. 1,0 Mio. Feuerstätten.
Aktuelle Zahlen zeigen aber, dass lediglich bei ca. 100.000 alten Feuerstätten gehandelt wurden. Wie diese bereits jetzt bestehende Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit in den kommenden Jahren geschlossen werden soll, bleibt abzuwarten. Die aktuelle Entwicklung spricht nicht für eine positive Entwicklung.
Die Praxis birgt Probleme – Korruptionsgefahr!
Die Öffnung des Marktes im Rahmen der Novellierung der Gesetze für das Schornsteinfeger-wesen in Umsetzung der EU-Richtlinien weist mittlerweile große Schwierigkeiten auf. Da Schornsteinfeger nicht mehr ausschließlich hoheitlich tätig sind, damit auch gewisse Sicherheiten aufgeben und sich dem Wettbewerb stellen müssen, ist ordnungsgemäßes Handeln nicht immer garantiert. Der Schornsteinfeger hegt besonders seit der Lockerung des Kehrmonopols eine Sonderstellung. Er kann sowohl als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger als auch als Gewerbetreibender tätig werden. Als Bezirksschornsteinfeger ist er hoheitlich für die Gemeinde tätig; als selbstständiger Gewerbetreibender handelt er im Rahmen der Handwerksordnung und führt handwerkliche Tätigkeiten aus.
Diese „Aufspaltung“ der Person des Schornsteinfegers birgt Gefahren, denn als selbstständiger Handwerker ist der Schornsteinfeger auch hinsichtlich seiner Nebentätigkeiten frei. Natürlich ist weiterhin gesetzlich vorgeschrieben, dass der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger seine Aufgaben unparteilich, gewissenhaft und ordnungsgemäß auszuführen hat (§ 18 Schornsteinfeger-Handwerksgesetz und § 12 Schornsteinfegergesetz). Auch darf er hoheitliche und gewerbliche Tätigkeiten nicht vermischen. Zusätzliche Arbeiten, die neben den klassischen Schornsteinfegertätigkeiten angeboten werden können, sind jedoch verlockend.
Warum also nicht einfach auf einen bekannten oder befreundeten Schornsteinfegerkollegen verweisen? Was ist, wenn hoheitliche Pflichten aus unternehmerischen Gründen vernachlässigt wer-den und bei der Überprüfung vom Kaminofen gleichzeitig eine Energieberatung angeboten wird bzw. die Bauabnahme einer Feuerstätte verzögert wird, da plötzlich Mängel auftreten, die gern auch durch den Betrieb des zuständigen Bezirksschornsteinfegers oder durch einen „Bekannten“ „schnell und unkompliziert“ erledigt werden können? Mit diesen kleineren oder größeren Absprachen untereinander, sind die Kunden zufrieden und die Schornsteinfeger weiterhin beschäftigt.
Ein weiterer Bestandteil der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung sind die Regelungen für offene Kamine. Da offene Kamine generell höhere Emissionen vorweisen, dürfen diese Anlagen gemäß § 4 Absatz 4 der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung nur gelegentlich betrieben werden. Offene Kamine im Sinne des Gesetzes sind nicht nur Kamine mit offenem Feuerraum, sondern auch diejenigen Kaminöfen für feste Brennstoffe, die keine geschlossene Brennkammer besitzen. Damit sind u. a. auch Öfen gemeint, die nicht über eine selbstständig schließende Feuerraumtür verfügen (Kamine der Bauart 2).
Auch in Bezug auf die Umsetzung der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung steht der Schornsteinfeger im Fokus. Als Gewerbetreibender sollte selbstverständlich die Kundenzufriedenheit an erster Stelle stehen, denn damit bestreitet man schließlich seinen Lebensunterhalt. Was nun, wenn eine geschlossene Feuerstelle (Bauart 1) die durch die BimschV erfasst ist in einen Kamin mit nicht selbstständig schließender Tür oder ganz ohne Tür, die laut Gesetz „nur gelegentlich betrieben“ werden dürfen, umgebaut wird? Hier könnte der Schornsteinfeger nachhelfen. Mit dem Ausbau des Schließmechanismus kann ein Kamin der Bauart 1 in einen Kamin der Bauart 2 umgewandelt und wie bisher, ohne Auflagen und Einschränkungen, geheizt werden, dafür aber mit gleichbleibendem hohen Schadstoffausstoß. Der Kunde wäre zufrieden, die Umwelt würde jedoch darunter leiden.
Die beschriebenen Möglichkeiten sollen keinesfalls den Generalverdacht von Korruption und Absprachen im Schornsteinfegerwesen hervorrufen, doch werfen sie die Gefahr korrupten Handelns durch Schornsteinfeger nach der Novellierung der Regelungen zum Schornsteinfegerwesen seit 2013 auf und raten zur Vorsicht – zum einen bei der Wahl eines Schornsteinfegers zur Durchführung von Kehr- und Überprüfungsarbeiten, zum Anderen bei der Zusammenarbeit mit den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegern. Beide unterstehen der gesetzlichen Pflicht zur Unparteilichkeit und haben ihre Aufgaben ordnungsgemäß und gewissenhaft auszuführen, um ihrer ursprünglichen und althergebrachten Funktion – der Wahrung des Brand- und Umweltschutzes – gerecht zu werden. Eine Verletzung dieser Pflichten kann sogar strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Dass dieses Verhalten nicht im Sinne des Gesetzgebers sein kann, liegt auf der Hand, doch hat er diese Situation überhaupt erst durch die Neuregelung des Schornsteinfegerwesens her-vorgerufen. Eine Lösung der Diskrepanz zwischen den hoheitlichen Aufgaben des Schornsteinfegers und seiner unternehmerischen Tätigkeit scheint es nicht zu geben. Rechtlich herrscht diesbezüglich Nachholbedarf. Mittlerweile gibt es jedoch bereits Initiativen (z. B. http://das-darf-der-schornsteinfeger-nicht.de), die sich dem Thema widmen und vermehrt Gehör finden. Es bleibt zu hoffen, dass diese Problematik auch auf Seiten des Gesetzgebers Beachtung findet.